Kefir herstellen - eine Anleitung
Fermentation
Es ist ja fast klischeehaft – ich backe Sauerteigbrot, hüte meinen Kombucha-Scoby und jetzt hat mich auch die Kefir-Herstelllust gepackt. Getrunken habe ich Kefir schon länger, aber selbst hergestellt bis vor einigen Wochen noch nie. Ein Video von Kochbuchautorin Katharina Seiser hat mich dann genau zum richtigen Zeitpunkt erreicht.
Am Ende des Beitrags findest du eine Anleitung zum DIY-Kefir. Zuvor möchte ich noch etwas über die Inhaltsstoffe und Vor- und Nachteile des fermentierten Milchprodukts sprechen.

Was ist Kefir?
Kefir, besser gesagt Milchkefir, kann aus verschiedenen Tiermilchen entstehen. Die Kefirknöllchen die es zur Fermentation braucht, futtern die Laktose (Milchzucker) in der Milch. Daher kann Kefir nicht mit Pflanzendrinks gemacht werden. Echter Kefir ist flüssiger, leicht prickelnd und säuerlicher als herkömmliche Joghurts.
Es gibt auch Wasser-Kefir, der ist hier in diesem Artikel aber nicht gemeint.

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Welche Inhaltsstoffe hat Kefir?
Echter Kefir wird aus Milch mit Kefirknollen hergestellt und enthält Milchsäurebakterien und Hefen. Durch die Fermentation bekommt der Kefir eine leicht prickelnde, sehr erfrischende, Konsistenz. Sein Geschmack ist je nach Fermentationsdauer und Temperatur leicht säuerlich. Der Kefir enthält dadurch eine Vielzahl an lebenden Kulturen.
Durch den Fermentationsprozess wird die Laktose zu einem Großteil abgebaut, er kann aber einen geringen Alkoholanteil enthalten. Bei meiner Recherche dazu bin ich auf Werte von 0,1-1 % Alkohol im Kefirgetränk gekommen. Zum Vergleich – ein alkoholfreies Bier darf in Österreich bis zu 0,5 % Alkohol enthalten. Industriell hergestellter Kefir hat meist einen niedrigeren Alkoholgehalt von 0,1-0,6 %.
Kefir aus Molkereibetrieben wird meist mit definierten Starterkulturen hergestellt. Darin befinden sich wenig bis keine Hefepilze und dadurch entsteht auch kaum Alkohol. Die Produkte werden bei uns auch mit dem Namen „Kefir mild“ bezeichnet. Milder Kefir ist daher auch für Kinder und Schwangere geeignet. Da Kefir kein Zutatenverzeichnis tragen muss, können wir Verbraucher nicht erkennen welche Kulturen die Betriebe eingesetzt haben.
Quellen: Milkipedia, Fairment
Unterschied von Sauermilchprodukten
Im folgenden Abschnitt sprechen wir über Produkte wie Buttermilch, Kefir und Joghurt. Sie werden als Sauermilchprodukte zusammengefasst.
Zur Herstellung von Sauermilchprodukten wir die Milch zuerst pasteurisiert, um vorhandene Bakterien abzutöten. In der anschließenden Fermentationsphase wird die Milch angesäuert. Je nach Produkt werden hier verschiedenen Milchsäurebakterien eingesetzt. Dadurch wird das Produkt dickflüssig bis fest. Wertbestimmender Bestandteil bei fermentierten Produkten ist die Lebendkeimzahl. Je mehr Milchsäurebakterien sich im Produkt befinden, desto besser.
Buttermilch
Die echte Buttermilch ist ein Nebenprodukt bei der Butterherstellung. Die traditionelle Buttermilch, das Nebenprodukt bei der Butterherstellung, wird in der Industrie nicht mehr als solche verkauft, sondern bildet die Basis für die industrielle Buttermilchherstellung.
Bei der industriellen Herstellung von Buttermilch wird fettarme Milch durch Zugabe von Milchsäurebakterien fermentiert. Die Milch wird gesäuert und erhält den charakteristischen Geschmack und ihre dickflüssige Konsistenz.
Kefir
Echter Kefir wird aus Milch mit Kefirknollen hergestellt und enthält Milchsäurebakterien und Hefen. Industrieller Kefir, auch Kefir mild bezeichnet, wird mit Milchsäurebakterien wie Laktobacillen enthalten, aber keine Hefen. Hier ist der Unterschied zum echten Kefir spürbar. Die Hefen im echten Kefir führen zu einem vermehrten prickelndem Geschmack. Dadurch bildet sich auch in geringen Mengen Alkohol.
Joghurt
Die Herstellung erfolgt wie oben beschrieben. Im österreichischen Lebensmittelbuch wird Joghurt als aus Milch mit einem Fettanteil von weniger als 10% beschrieben. Die Bakterienkulturen sind definiert: Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus und Streptococcus thermophilus
Quellen: Österreichisches Lebensmittelbuch, MIV Milchindustrie Verband,

Welche Vor- und Nachteile hat Kefir?
Wenn Trends, wie Kefir-Selbstherstellung, auf Social Media erblühen, dann erhält das oft eine sehr eigene Dynamik. Somit findet man nun im Netz sehr unterschiedliche Bewertungen. Von „jeder soll nur noch Kefir trinken“ bis zu „oh mein Gott, Kefir macht Brain Fog“ findet man wirklich alles. Nicht durcheinander bringen lassen. Ich war erstaunt, dass einige meiner best ager Patientinnen mir berichtet haben, dass vor 15 Jahren schon probiert zu haben. Gutes kommt halt immer immer in Mode 😉
Kefir hat wirklich viele Vorteile für unsere Verdauung, für wen der Genuss aber eventuell problematisch sein könnte, findet ihr in folgendem Abschnitt.
Vorteile von Kefir
So sehr ich Kefir liebe, die Listen im Internet, wo man erfährt, was Kefir alles heilt…Kefir ist ein wunderbares Lebensmittel, dass viele Vorteile bietet. Ein paar Punkte möchte ich hier aufführen:
Calciumgehalt
Kefir wird aus Tiermilchen gemacht und zählt daher zu den tierischen Calcium-Lieferanten. Calcium wird für den Knochen- und Zahnaufbau von unserem Körper benötigt. Da wir zwischen 20-30 Jahren unsere höchste Knochendichte erreichen und dann für Knochenerhalt essen und trainieren sollten, ist Kefir hier ein wertvolles Lebensmittel. Pro 100ml enthält er ca. 120 mg Calcium. Wir haben einen durchschnittlichen Calcium-Bedarf von 1000mg/Tag.
Natürliche Pro-und Präbiotika
Kefir enthält Milchsäurebakterien, die wertvoll für unser Mikrobiom sind. Die Anzahl der lebenden Keime ist je nach Herstellungsprozess unterschiedlich. Der selbstgemacht Kefir wird später nicht mehr pasteurisiert, enthält daher eine hohe Anzahl an lebenden Keimen. Kefir enthält viele verschiedene Bakterienstämme, kann daher ein vielfältiges Darmmikrobiom unterstützen.
Eiweißgehalt
Neben den oben genannten Eigenschaften, bietet Kefir auch hochwertiges Eiweiß (3-4g/100g Kefir). Das kann als Postworkoutsnack interessant sein, oder auch bei älteren Menschen eine Verbesserung der Eiweißversorgung erreichen. Kefir darf auch gerne als Schuljause in die Schultasche. Mit frischen Früchten kombiniert, ein sehr erfrischendes Geschmackserlebnis.
Verstopfung?
Menschen mit Verstopfung profitieren häufig (nicht immer) vom Einsatz fermentierter Milchprodukte. Auch das hängt mit unserem Darmmikrobiom zusammen.

Nachteile von Kefir
Für manche Menschen kann Kefir auch nachteilige Wirkungen haben. Meine Berufskollegin Daniela Mulle aus Wien ist auf Bauchbeschwerden spezialisiert und hat mir spannende Einblicke rund um Kefir und einer Darmerkrankung namens SIBU (Small Intestinal Bacterial Overgrowth = Bakterielle Überwucherung des Darms) und IMO (Intestinal Methanogen Overgrowth = Überwucherung mit methanbildenden Mikroorganismen im Darm) genannt.

Kefir kann bei einer bakteriellen Fehlbesiedelung des Darms (SIBO/IMO) Fluch und Segen zugleich sein:
Solange deine SIBO/IMO noch nicht behandelt ist, solltest du Kefir besser weglassen: Die Extraportion Bakterien & Hefen, verbleibende 1–2 g Laktose/100 ml (bei Milchkefir) sowie Histamin können Beschwerden wie Blähbauch, Blähungen oder Durchfälle verstärken.
Nach erfolgreicher SIBO/IMO-Therapie kann jedoch kurz fermentierter, histaminarmer Kefir helfen, deinen Darmzoo (Mikrobiom) wieder aufzubauen.
Achte dabei auf kurze und kühle Gärung (18-24 Stunden bei < 24 °C), sofortiges Kühlen, saubere Gefäße und HDC-negative Starterkulturen (damit Histamin niedrig bleibt). Trinke erst mal nur ca. 50 ml, beobachte 24 Stunden und steigere nur, wenn du keine Beschwerden bekommst.
Wenn Du gern mehr zu SIBO/IMO wissen möchtest, dann höre gerne in Daniela’s Bauchdetektivgeschichten rein.
Kefir-Herstellung - Anleitung
Du brauchst für deinen echten Kefir sehr wenige Zutaten. Nur Milch und die Kefirknöllchen. (Die Kefirknöllchen habe ich selbst gekauft, keine beauftragte Werbung)
Schritt 1
Du brauchst Kefirknöllchen. Diese kannst du dir entweder kaufen oder von bestehenden Knöllchen schnorren 😉 Das Schöne ist, dass bei regelmäßiger Verwendung dein Kefirknöllchen zu wachsen beginnen. Sie sehen von der Optik wie Brösel von Karfiol aus. Wenn du deine Kefirknöllchen bestellst, kommen sie in ein wenig Starterflüssigkeit (Milch) an.
Meine ersten Kefirknöllchen habe ich mir bei Augora im Online-Shop gekauft. Geliefert wurden Sie in einem verschweißten Beutel mit etwas Milch. Es waren drei sehr kleine Knöllchen – ungefähr 0,5 cm groß. Ich war skeptisch – ob diese kleinen Knöllchen auch wirklich ein ganzes Glas Milch zu Kefir verwandeln.

Schritt 2
Du brauchst jetzt nur ein sauberes Glas (ohne Geschirrspülreste) mit Deckel. Wenn du die Knöllchen mit den Händen berühren möchtest, solltest du dir deine Hände vorher gut waschen! Gib deine Knöllchen hinein und fülle mit Milch auf. Den Deckel locker aufsetzen, es würde auch ein Tuch reichen. Dient nur dazu, dass keine Mücken, Staub usw. in deinen Kefir fällt. Dann lässt du der Fermentation bei Raumtemperatur seinen Lauf…8-36 Stunden wird es ca. dauern, bis der Kefir fertig ist.
Ein paar Worte zur Milchauswahl:
Da die Kefirknöllchen von der Laktose in der Milch leben, muss deine Milch auch Laktose enthalten. Das funktioniert grundsätzlich mit allen Tiermilchen. Pflanzendrinks enthalten keine Laktose! Katharina Seiser hat mir den Tipp mit der Schafmilch gegeben. Diese ist fettreicher und der daraus entstehende Kefir ist einfach herrlich cremig. Mit Kuhmilch wird er dünnflüssiger. Andere Milchen habe ich noch nicht versucht. Ich greife hier immer zu BIO-Frisch-Milch.
Milch- und Knöllchenmenge
Wenn deine Knöllchen zu Beginn, so wie meine, sehr klein sind, dann sollte die Milchmenge angepasst werden. d.h. zuerst mit weniger Milch fermentieren dürfen. Ich habe mit 100ml begonnen und nach 2 Durchgängen dann auf 200 ml erweitert. Meine Knöllchen waren sehr aktiv und fleißig 🙂 Die Menge der Knöllchen hat auch etwas mit dem Geschmack zu tun.
Katharina Seiser empfiehlt Verhältnis von 1:20 bis 1:50 (Kefir:Milch). Je mehr Knöllchen du in die Milch gibst, umso schneller funktioniert die Fermentation und desto saurer wird der Kefir. Das ist also Geschmackssache.
Fermentationstemperatur
Die Temperatur spielt, so wie beim Sauerteig, auch hier eine große Rolle. Bei warmen Temperaturen über 20 °C Raumtemperatur fühlen sich die Bakterien wohler als die Hefen. Man sieht hier, dass sich die Molke schneller absetzt. Ist es kühler, unter 18 °C, haben die Hefen die Nase vorne. Es entsteht mehr Kohlensäure und der Kefir schmeckt milder. Dabei entsteht auch mehr Alkohol. Hier solltest du aufpassen, dass der Deckel nicht richtig geschlossen ist, die Kohlensäure soll entweichen können.
Schritt 3
Kefir ist dünnflüssiger als Joghurt. Durch Rühren verflüssigt er sich wieder ein wenig. Die Zeit bis der Kefir fertig ist, hängt von der Menge der Knöllchen und der Raumtemperatur ab. Im Sommer kann durchaus alle 8 Std. geerntet werden, im Winter kann es auch 2-3 Tage dauern.
Um zu prüfen, ob der Kefir bereits eingedickt ist, kann man das Glas leicht schwenken.
Kefir-Ernte
Nun nimmt man einfach ein Sieb und gießt den Kefir in ein neues Glas ab. Manchmal muss man mit einem Löffel den Kefir leicht durch das Sieb streichen. Die Knöllchen bleiben dann im Sieb zurück und dürfen in den nächsten Kefir-Ansatz wandern. Den fertigen Kefir mit einem Deckel verschließen und im Kühlschrank lagern. Er kann sofort genossen werden oder vorher etwas gekühlt werden.
Oft liest man, dass das Sieb aus Plastik sein soll und nicht aus Metall. Das spielt bei Edelstahlsieben keine Rolle. Du kannst also beide Sieb-Arten verwenden.
Im folgenden Video siehst du sowohl Ausgangskefir, als auch den fertigen Kefir:

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Pflege und Vermehrung deiner Kefirknöllchen
Damit deine Kefirknöllchen immer „hungrig“ sind, solltest du entweder regelmäßig Kefir produzieren oder wenn den Knöllchen regelmäßig Milch als Futter geben.
Wenn du z.B. 14 Tage in den Urlaub fährst, kannst du deine Knöllchen in frische Milch legen und sofort in den Kühlschrank stellen. Wenn du heimkommst, tauscht du die Milch aus. Wenn die Knöllchen sehr lange in der gleichen Milch liegen, kann der Kefir sehr sauer oder auch leicht bitter werden.
Manche Kefir-Knöllchen-Besitzer:innen waschen sie einmal pro Woche mit kaltem Wasser (zu warmes Wasser würde die Bakterien schädigen) ab. Dazu liest man widersprüchliche Empfehlungen. Wenn ich länger keinen Ansatz gemacht habe, spüle ich sie ab, ansonsten nicht.
Vermehrung
Je öfter du Kefir ansetzt, umso besser geht es deinen Knöllchen. Sie werden größer werden und können dann mit anderen Kefir-Willigen geteilt werden. Größere Knöllchen sind nicht besser als kleine Knubberl.
Quellen: Augora Fermente, Katharina Seiser, Fairment
Rezeptideen mit Kefir
Wenn wir jetzt alle in die Kefir-Produktion einsteigen, sollte man auch ein paar Verwendungsmöglichkeiten parat haben. Denn die Knöllchen sind fleißig und wir können regelmäßig Kefir ernten.
Hier ein paar Ideen für Verwendung und Rezepttipps
- Kefir kann man als Joghurt- oder Buttermilchersatz verwenden. z.B. Overnight oats mit Kefir ergänzen, Kefir mit frischen Erdbeeren genießen, als Joghurtersatz für deinen Becherkuchen
- Wenn Kefir sehr stark eindickt kann man ihn auch als weichen Frischkäseersatz verwenden. z.B. Aufstriche damit anreichern oder als kühlenden Retter auf ein scharfes Curry geben.
- Kefirreste passen auch super in Teige wie z.B. Pancakes, Palatschinken, Waffeln usw.
- Kefir sollte man nicht aufkochen, er flockt sonst aus. Kefir-Überschuss gebe ich auch gerne in die fertige Bechamel-Sauce für meine Lasagne.
- Brotbacken – auch hier kann Kefir verwendet werden. Viele Rezepte enthalten Buttermilch o.ä. Da passt auch Kefir wunderbar.
- 1-2 Löffel Kefir in das Salatdressing macht es cremig und die Säure harmoniert mit vielen Gemüsesorten perfekt.
- Kefir im Eis – im Sommer gibts bei uns oft Eis aus gefrorenen Früchten und Joghurt. Auch hier kannst du Kefir anstelle des Joghurts nehmen. Besonders in Kombination mit Him- oder Erdbeeren passt das unglaublich gut!
